piwik no script img

Algenplage an KaribiksträndenStinkender Teppich statt weißem Sand

Stachelalgen überziehen die Küsten von Puerto Rico bis Guyana. Tourismus und Tiere leiden. Welche Ursachen hat das rasante Wachstum?

Baden nicht möglich: So stellen sich Urlaubende den Strandaufenthalt in der Karibik vermutlich nicht vor Foto: dpa/picture alliance

San Juan ap | Im Mai hat sich in der Karibik und den umliegenden Regionen eine Rekordmenge Algen angesammelt. Der Gestank der angespülten Stachelalgen, Sargassum genannt, waberte über den Stränden von Puerto Rico bis Guyana, wie aus einem am Montag veröffentlichten Bericht des Labors der Universität von Südflorida hervorging. Die Menge von rund 38 Millionen Tonnen ist die größte, die in der Karibischen See, dem westlichen und östlichen Atlantik sowie dem Golf von Mexiko beobachtet wurde.

Der bisherige Rekordwert wurde im Juni 2022 mit rund 22 Millionen Tonnen erreicht. „Die Spitzen scheinen von Jahr zu Jahr immer höher zu werden“, sagte Brian Barnes, Assistenzprofessor an der University of South Florida, der an dem Bericht mitarbeitete. Warum das so ist, darüber rätseln die Forschenden noch. „Das ist die Millionen-Dollar-Frage“, sagte Barnes. „Ich habe keine wirklich zufriedenstellende Antwort.“

Die Algen stören nicht nur den Tourismus, sie kosten auch Wildtiere das Leben und setzen giftige Gase frei. Eine Schule auf der französischen Karibikinsel Martinique sah sich gezwungen, vorübergehend zu schließen.

In der Region wachsen drei Sargassum-Arten, die sich ungeschlechtlich vermehren und dank winziger Luftsäcke über Wasser bleiben. Sie gedeihen je nach Sonnenlicht, Nährstoffen und Wassertemperatur unterschiedlich – Faktoren, die Wissenschaftler derzeit untersuchen, wie Barnes erläuterte. Experten weisen außerdem darauf hin, dass landwirtschaftliche Abwässer, sich erwärmendes Wasser sowie Veränderungen von Wind, Strömung und Regen einen Einfluss haben könnten.

Schädlich in Küstennähe

Während große Algenansammlungen im offenen Meer laut Barnes ein „gesundes, glückliches Ökosystem“ für Lebewesen von der winzigen Garnele bis zur gefährdeten Meeresschildkröte darstellen, können Sargassum-Arten in Küstennähe oder an Land verheerende Schäden anrichten. Die Pflanzen können das Sonnenlicht blockieren, das Korallenriffe zum Überleben brauchen, und wenn die Algen absinken, können sie Riffe und Seegräser ersticken. Sobald sie die Küste erreichen, sterben die in den Algen lebenden Lebewesen oder werden von Vögeln gefressen. Riesige Berge stinkender Algen sind auch ein Problem für die Tourismusbranche, die den Inseln viel Geld einbringt.

Im beliebten Urlaubsort Punta Cana in der Dominikanischen Republik hätten Behörden in Barrieren investiert, um zu verhindern, dass Sargassum die Küste erreicht, sagte Frank Comito, Sonderberater des karibischen Hotel- und Tourismusverbands. Im niederländischen Karibikgebiet St. Maarten wurden Ende Mai Bagger zu einer Notfall-Aufräumaktion entsandt, nachdem sich Anwohner über Gestank durch die Algen beschwert hatten. „Der Geruch ist wirklich schrecklich“, sagte Barnes.

Solche Räumarbeiten können sich nicht alle Staaten der Karibik leisten, daher übernehmen oft Hotels die Reinigungsarbeiten. Manche bieten ihren Gästen Rückerstattungen oder einen kostenlosen Shuttle zu nicht betroffenen Stränden an.

Die Sargassum-Menge nimmt jedes Jahr im späten Frühjahr zu, erreicht im Sommer ihren Höhepunkt und beginnt im Spätherbst oder frühen Winter wieder zu sinken, wie Barnes erläuterte. Der Rekord ist nach Meinung von Experten schon bald wieder Geschichte: Für Juni rechnen sie mit noch mehr Sargassum.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Also, die Experten ünerlegen wieder einmal...



    Wie wäre es mit einer Kombination aus überdüngung des Wassers aus der Landwirtschaft und gestiegener Temperatur des Klimawandels wegen? Das kann jeder in seinem Gartenteich im Sommer sehen.

  • Einfach einsammeln und in einen Biogasreaktor werfen. Et voila, 2 Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

OSZAR »